von Thomas Rünker

Sven Christer Scholven begegnet Rechtsfragen mit Kreativität

Der 46-jährige Priester leitet seit Anfang des Monats die Abteilung Kirchenrecht im Bistum Essen. Scholven betont die große Flexibilität des Kirchenrechts, das vor allem einen Ordnungsrahmen biete, und wehrt sich, wenn jemand versucht, das Recht als Waffe zu verwenden.

Mit Hilfe des Rechts die Welt ein Stück zu ordnen und so bestenfalls anderen Menschen Gerechtigkeit zu verschaffen – das hat Sven Christer Scholven schon als Jugendlichem gefallen. In der Schule engagierte er sich in der Schülervertretung, wurde erst Schülersprecher und später Vertrauensperson bei der Bundeswehr. Auch wenn es damals „eher ein Entschluss aus dem Bauch heraus“ gewesen sei, erscheint bei solchen Interessen der Weg ins Jura-Studium in der Rückschau nicht unplausibel. Scholven setzte ein Theologiestudium drauf, wurde Priester – und ist seit dem 1. April der neue Leiter der Abteilung Kirchenrecht im Bistum Essen.

Kirchenrecht sei „alles andere als langweilig, sondern bunt und vielfältig“, räumt der 46-Jährige gleich mit einem gängigen Vorurteil gerade unter Kirchenmitgliedern auf. Ansonsten verweist er schon mal auf den Sport oder die Parteien, um seine Arbeit zu beschreiben und zu zeigen, dass die Kirche nicht der einzige gesellschaftliche Bereich ist, der neben dem für alle geltenden weltlichen Recht für seine eigenen Dinge auch eigene Regeln hat. Nur sind die Dimensionen des kirchlichen Rechts angesichts einer 2000-jährigen Geschichte und seiner Gültigkeit für ein gutes Sechstel der Weltbevölkerung ein wenig größer als etwa die Fragen rund um missliebige Parteimitglieder oder ein übertriebenes Foul beim Fußball.

Dem Kirchenrecht „mit Kreativität“ begegnen

Hans Herbert Hölsbeck ist jetzt Kirchenrichter

Der bisherige Leiter der Abteilung Kirchenrecht, Hans Herbert Hölsbeck, hat die Essener Bistums-Verwaltung bereits im Herbst des vergangenen Jahres verlassen und ist an das Bischöfliche Offizialat Münster gewechselt. Er leitet seitdem die Essener Außenstelle dieses kirchlichen Gerichts.

Scholven schreckt das nicht. Er versuche dem Kirchenrecht „mit Kreativität“ zu begegnen, weil sich die Vorschriften in vielen Fällen durch eine große Flexibilität auszeichneten. Nach dem Theologiestudium hat er ein Aufbaustudium Kirchenrecht an der Universität Münster absolviert. In den vergangenen Monaten hat er bereits unter der Leitung von Hans Herbert Hölsbeck in der Abteilung mitgearbeitet, die er nun leitet. Unter anderem ist Scholven bereits seit vergangenem Sommer Mitglied des Interventionsstabes des Bistums Essen. Dort berät er den Interventionsbeauftragten bei Fällen von Grenzverletzungen oder sexualisierter Gewalt. Zudem hat er zuletzt Seelsorgerinnen und Seelsorger zu Fragen des Kirchenrechts fortgebildet.

Immer wieder begegne ihm bei kirchlichen Rechtsfragen „eine Angst, etwas falsch zu machen“, berichtet Scholven. Er rate dann erst einmal zur Gelassenheit, um anschließend gemeinsam eine möglichst gute Lösung zu suchen. Oft träfen sich dann seelsorgliche und kirchenrechtliche Fragen – und seine wichtigste Aufgabe sei erst einmal das genaue Zuhören: „Wenn ich zum Beispiel Menschen berate, die in einem kirchenrechtlichen Verfahren ihre Ehe annullieren lassen möchten, sind das anfangs zutiefst seelsorgliche Gespräche, die einen Raum eröffnen, damit die Menschen von ihrem Scheitern erzählen können.“

Ungehalten, „wenn Menschen versuchen, das Recht als Waffe einzusetzen“

Sven Christer Scholven wurde zum Domvikar ernannt

Sven Christer Scholven ist neben seiner neuen Aufgabe als Abteilungsleiter auch weiter als Priester tätig. Zum einen ist er für die Kirche im Jugendhaus St. Altfrid verantwortlich. Solange diese noch umgebaut wird, lädt er dort sonntags um 11 Uhr in der Lioba-Kapelle zur Messfeier ein. Zum anderen ist Scholven zum 1. April zum Domvikar ernannt worden und wird künftig auch im Essener Dom Gottesdienste feiern.

Richtig ungehalten könne er werden „wenn Menschen versuchen, das Recht als Waffe einzusetzen“, betont Scholven. Dafür sei das Recht nicht gemacht, sondern es sei „ein Ordnungs-Instrument, um das Chaos beiseitezudrängen“. Immer wieder wird er indes damit konfrontiert, dass zumindest in der Vergangenheit viele Menschen das Kirchenrecht als eher gegen sie gerichtet wahrgenommen haben. Scholven bestärkt dies darin, das Recht heute so anzuwenden, wie er es wahrnimmt: „inspiriert von unserem Glauben an den barmherzigen Gott und so flexibel, dass es immer noch Raum für das Wirken des Heiligen Geistes lässt“.

Seine Abteilung sei Dienstleister und Diskussionspartner zu allen kirchenrechtlichen Fragen, aber auch die Instanz, die bei Bedarf Entscheidungen vorbereitet, erläutert Scholven. Thematisch geht es dabei um die verschiedensten Fragen rund um die kirchlichen Sakramente, zum Beispiel bei Taufe und Patenamt, Kommunion und Firmung, Wiederaufnahmen in die Kirche oder der Eheschließung. Hinzu kommt die Vorbereitung bischöflicher Dekrete zu Kirchenschließungen („Profanierungen“) der Änderungen bei Pfarrei-Strukturen sowie das Disziplinarrecht für Priester und Diakone, bei entsprechend gravierenden Vorwürfen –und gegebenenfalls im Anschluss an staatsanwaltschaftliche Ermittlungen – die Betreuung kirchenrechtlicher Voruntersuchungen und Verfahren.

Jeder Tag habe bislang neue Themen aufgeworfen, sagt Scholven. Und hinter jeder Frage stecke eine andere Geschichte. Zum Beispiel die, die ihm die Mitarbeiterin einer Pfarrei gestellt hat: Kann ein Pate aus dem Taufregister gestrichen werden? Was mag da dahinterstecken? Scholven wird vielleicht noch einmal nachfragen, zuhören – und dann versuchen, eine kreative Antwort zu entwickeln. Langeweile dürfte in der Abteilung Kirchenrecht jedenfalls nicht aufkommen.

Pressestelle Bistum Essen

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